Können Weine wirklich einen Preis von 10.000 Rand rechtfertigen – oder basiert das alles nur auf Hype? Wie viel ist zu viel? Und ab wann greift das Gesetz des abnehmenden Ertrags?
Das sind berechtigte Fragen. Ich erinnere mich noch an die frühen Tage meiner Website wineanorak, als Greg Sherwood einen Artikel für mich schrieb – über den Aufschrei in Südafrika, als einige Weingüter anfingen, 100 Rand für eine Flasche zu verlangen. Das war im Jahr 2000. 25 Jahre später wirkt das fast schon komisch, denn viele der besten südafrikanischen Weine kosten heute über 1000 Rand.
Was ist eigentlich ein „Icon Wine“?
Man sollte unterscheiden zwischen Weinen, die viel kosten, weil sie gefragt sind, aus berühmten Regionen stammen und deren Preis vom Markt bestimmt wird – und solchen, die von Anfang an bewusst sehr hoch bepreist wurden. Der Fine-Wine-Markt besteht größtenteils aus bekannten Regionen mit regelmäßig gehandelten Weinen – hier bestimmt der Markt den Preis. Denken wir an Spitzen-Burgunder oder klassifizierte Bordeaux. Diese sind keine „Unicorn Wines“ (also extreme Raritäten), selbst wenn ihre Preise manchmal absurd wirken.
Und man sollte „Icon Wines“ nicht mit „Unicorn Wines“ verwechseln. Vor ein paar Monaten habe ich mit Emily Harman und Doug Wregg eine Folge des Just Another Wine Podcast aufgenommen. Doug brachte einen echten Unicorn Wine mit: Sonorité du Vent 2019 vom Domaine des Miroirs. Hergestellt von Kenjiro Kagami, der gerade einmal drei Hektar Reben im Jura bewirtschaftet. Er verkauft seinen Wein zu einem fairen Preis – etwa 60 Pfund in Großbritannien (vor ein paar Jahren waren es nur 30).
Doch was dann passiert, unterscheidet sich stark: Ein Londoner Restaurant bietet ihn für faire 150 Pfund an, während Einzelhändler ihn – basierend auf dem Sekundärmarkt – für über 1000 Pfund verkaufen. Sie rechtfertigen das mit dem „Marktpreis“. Aber es fühlt sich falsch an, wenn nicht der Winzer, sondern andere den Großteil des Profits machen. Kagami selbst dürfte mit diesem Hype auf dem Zweitmarkt nicht ganz glücklich sein.
Hier liegt der Unterschied:
- Der Icon Wine ist von Anfang an als solcher konzipiert und teuer bepreist.
- Der Unicorn Wine wird vom Markt „entdeckt“, ist extrem rar – und wird dadurch teuer.
Ein gutes Beispiel für Icon Wines findet man in der Champagne. Dort gibt es bewusst teure Prestige-Cuvées – ein fester Bestandteil des Geschäftsmodells.
Neben dem Standard-NV, dem Blanc de Blancs und dem Vintage kommt am Ende immer die Prestige-Cuvée. Häuser wie Salon, Krug oder Dom Pérignon konzentrieren sich direkt auf diese Luxusweine.
Und dann wäre da noch Armand de Brignac, mit seinen metallisierten Flaschen, direkt für den Luxusmarkt entwickelt.
Ein weiterer Fall: Penfolds Grange. In den frühen 1990ern noch erschwinglich und lagerfähig, wurde es ab Mitte der 90er zum Icon Wine „umpositioniert“ – mit entsprechendem Preissprung. Heute ist es fest im Luxusmarkt verankert. Penfolds hat dazu weitere Prestige-Weine wie G3 oder eine Ampullen-Edition auf den Markt gebracht – sowie Kontinente-übergreifende Blends.
Auch das Napa Valley bringt Ikonen hervor: etwa Screaming Eagle, Harlan Estate und Opus One. Letzterer ist ein Paradebeispiel für ein Icon Wine – gezielt als Prestigeprodukt positioniert. Es schmeckt „teuer“, aber als Weinfreak suche ich nicht unbedingt danach.
Vielleicht das ambitionierteste Icon Wine: Liber Pater aus Bordeaux, von Loïc Pasquet, erstmals 2019 zu einem Preis von 30.000 € pro Flasche. Seine Idee: den Geschmack des alten Bordeaux neu erschaffen.
Und Portugal? Der Klassiker Barca Velha ist teuer, aber seit den 1950ern etabliert. Die Preise reflektieren echte Nachfrage. Anders der moderne portugiesische Icon: Jupiter von Herdade do Rocim, mit einem Startpreis von 1000 € und null Vorgeschichte. Rocim konnte dadurch neue Weinberge kaufen – 800 Flaschen waren schnell ausverkauft. Die Serie „Wines from Another World“ wurde fortgesetzt: „Saturn“ aus dem Priorat kostet 1700 €, „Uranus“ von der Mosel immerhin 900 €.
Und Südafrika?
Ein paar Ikonen gibt es auch hier.
4G Wines ist ein gutes Beispiel – humorvoll parodiert von Pieter Walsers Blank Bottle: Confessions of a White Glove Chaser. Dort beobachtete er 2013 eine Ernte mit weißen Handschuhen und fragte, ob er die angrenzenden Trauben für seine günstige Cuvée haben könne.
Auch De Toren’s Book XVII ist eine Ikone. Der Preis: rund R3.995 pro Flasche – verpackt in einem kleinen Käfig, den man erst öffnen muss. Oder Brian Smith, der mit Niels Verburg einen Cabernet Franc kreierte, den sie schlicht „The“ nannten – Preis: R5000.
Also: Sind Icon Wines ihr Geld wert?
Ganz ehrlich: nein.
Wein ist ein Lebensmittel. Und es irritiert mich, wenn er zu sehr ins Luxussegment abdriftet.
Ich persönlich würde niemals extrem teure Weine kaufen – nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern weil es so viele fantastische Weine zu vernünftigen Preisen gibt. Superteure Weine sind selten so viel besser, dass sie den Preis rechtfertigen. Und oft schmecken sie „teuer“, weil sie es müssen – nicht, weil sie besser sind.
Ja, mit R300 bekommt man im Vergleich zu R100 deutlich besseren Wein – wenn man klug auswählt. Aber mit R10.000 statt R1000 wird das Weinerlebnis nicht zwangsläufig himmlischer – im Gegenteil, man läuft Gefahr, einen „gewollten“ Wein zu kaufen, der einem nicht mal schmeckt.
Natürlich darf jeder seinen eigenen Wein bepreisen, wie er möchte. Wenn er sich auch teuer verkauft – bitte sehr. Aber als Weintrinker/in verpasst man nichts, wenn man die Icons links liegen lässt.
Jamie Goode ist ein Londoner Weinautor, Dozent, Juror und Buchautor. Mit einem PhD in Pflanzenbiologie war er zunächst Wissenschaftsredakteur, bevor er wineanorak.com gründete – eine der weltweit führenden unabhängigen Weinplattformen.